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Der Schleifsteinbruch am Ressen

Ein Bericht von DI Dr.Harald Lobitzer mit Fotos von Dr. Robert Reiter
Noch im 19. Jahrhundert waren mehrere Schleifsteinbrüche am Ressen auf der Gosauer „Schattseiten“ in Betrieb und aufgrund ihrer gediegenen Qualität wurden Werkstücke aus Gosauer Schleifstein in die gesamte k.u.k. Monarchie exportiert. Die moderne Stahlerzeugung verdrängte schließlich die Nutzung natürlicher Schleifsteine; sie wurden weitgehend von industriell erzeugten Produkten abgelöst. Neuerdings nimmt sich Manfred Wallner liebevoll dieser mühsamen Tradition des Schleifstein-Abbaus und der Erzeugung von Werkstücken an.
Schleifsteinbruch Gosau

Bemerkungen zur Geologie des Schleifsteinbruchs am Ressen

Der kleine derzeit im Abbau befindliche Schleifsteinbruch liegt in etwa 1350 m Seehöhe am Ressen und besteht - grob gesprochen - aus zwei unterschiedlichen Gesteinen. Im Liegenden ist eine Folge von verschieden-körnigen, im dm-Bereich gebankten kompakten Sandsteinen aufgeschlossen, die von weicheren Mergeln, verwitterten Sandsteinen und Feinbrekzien überlagert werden. Der gesamte Aufschluss gehört zu den Ressen-Schichten, einer Gesteins-Formation, die nach dem Bergrücken „Ressen“ benannt wurde, wobei der Schleifsteinbruch deren klassische Lokalität darstellt. Die Ressen-Schichten sind das älteste Schichtglied der meist sehr fossilarmen Oberen Gosau-Subgruppe und leiten ein Tieferwerden des Ablagerungsraumes der Gesteine der Gosau-Gruppe ein. Die Ressen-Schichten gehören der sogennanten „Flyschgosau“ oder „flyschoiden Gosau“ an.
Die Gesteine der weltberühmten und in den tieferen Abschnitten stellenweise äußerst fossilreichen Gosau-Gruppe wurden zur Zeit der Oberkreide bis ins Alttertiär (etwa vor 90-52 Mio. Jahren) abgelagert. Der Gosauer Schleifstein stammt, wie wir von der Analyse der Nannoflora („Coccolithen“ sind bis zu maximal 40 Mikron große Skelettelemente von Kalkflagellaten) und von fossilen Pflanzen-Pollen aus den mergeligen Lagen wissen, aus der Unter-Campan-Stufe der Oberkreide; er ist somit rund 83-81 Mio. Jahre alt. Die Oberkreide war eine tektonisch sehr aktive Zeit, während der der Ferntransport unserer Alpen (inklusive der Nördlichen Kalkalpen) in mehreren Phasen von Süden (z.T. aus dem Gebiet des heutigen Nordafrika) nach Norden (in unserem Fall ins Salzkammergut) stattfand und die ursprünglichen Ablagerungsräume in zahllose Schollen „zerrissen“ wurden. Im Laufe des Ablagerungs-Zeitraumes der Oberen Gosau-Subgruppe fand an der Kreide/Tertiär-Grenze vor 65 Millionen Jahren der bekannte Meteoriten-Einschlag statt, der - neben anderen Faktoren - zum Aussterben der Dinosaurier, der Ammoniten, Belemniten sowie auch zu einer dramatischen Reduzierung von gewissen Mikro-Organismen-Gruppen führte. Spuren dieses Meteoriten-Impakts sind im Elendgraben bei Rußbach sowie im Profil der Roten Wand, unweit des Vorderen Gosausees, vorhanden.

Warum schleifen nur wenige Sandstein-Lagen so gut?

Der Gosauer Schleifstein ist ein Sandstein, der aus Mineralkörnern von verschiedener Zusammensetzung und Korngröße aufgebaut wird. Es werden demnach fein-, mittel- und grobkörnige Sandsteine bzw. aus diesen produzierte Werkstücke, wie Schleifsteine, unterschieden. Ein Sandstein kann mit einer sehr feinkörnigen Betonmischung verglichen werden, wobei der Sand die „Körner“ darstellt und der Zement das „Bindemittel“. Die gute Schleiffähigkeit eines Schleifsteins beruht auf einem in der Natur nur selten anzutreffenden Zusammenspiel von mehreren mineralogischen Parametern, oder anders ausgedrückt, es  müssen - damit ein Sandstein schleift und nicht kratzt - mehre Faktoren zusammentreffen. Dazu gehören die mineralogische Zusammensetzung des Sandsteins, eine möglichst einheitliche Korngröße im Mineralkorn-Spektrum des jeweiligen Sandstein-Typs, eine „splitterig“-kantige (angulare) Kornform der Sand-Körner und wichtig ist auch die Art der Bindung dieser mikroskopisch kleinen Mineral-Körner in einer zähen tonig-mergeligen „Grundmasse“ („Matrix“). Runde Mineralkörner würden kratzen und nicht schleifen; hingegen brechen bei angularen Körnern beim Schleifen und Polieren immer wieder die Kanten weg und die Schleiffunktion bleibt so intakt. Der Großteil der Mineralkörner muss natürlich auch eine entsprechende Härte aufweisen, um z.B. ein Messer, oder eine Sense schleifen zu können. Beim Schleifstein vom Ressen besteht die Mehrzahl der Mineralkörner aus Quarz, der eine Härte von 7 auf der 10-teiligen Mineralien-Härteskala von Friedrich Mohs aufweist. Zusätzlich zum Quarz konnten in Dünnschliffen der Sandsteine noch ein reiches Mineralienspektrum und auch Gesteinsbruchstücke (letztere nur in den gröberkörnigen Sandsteinen bzw. Feinbrekzien) beobachtet werden. Unter den Mineralien-Körnern sind vor allem Feldspäte (Plagioklas und Kalifeldspat), aber auch (z.T. verzwillingte) Kalkspatkörner, die von kristallinen Marmoren stammen, mengenmäßig dominant. Untergeordnet konnten im Mikroskop auch die Minerale Glaukonit, Zirkon, Turmalin, Apatit, Pyrit, Limonit und Leukoxen beobachtet werden. An Gesteinsfragmenten fanden sich Granitoide (Quarz mit Feldspat), Graphit-Serizit-Schiefer, Serpentinit und Chloritoid-Schiefer. Die Grundmasse bzw. der „Zement“ zwischen den Mineral- und Gesteins-Bruchstücken besteht vor allem aus diversen, nur im Elekronenmikroskop sichtbaren „schuppigen“ Tonmineralen (dominant ist Illit, gefolgt von Chlorit, Smektit und Kaolinit) und Glimmer (Muskowit und Biotit, letzterer ist manchmal verwittert und wird dann durch Chlorit ersetzt).

Ein Gutteil der Mineralien-Körner, aus denen der Sandstein besteht, wurde vor mehr als 80 Mio. Jahren von einem nahegelegenen Kristallingebiet - vermutlich von einem Gebiet wie die heutigen Niederen Tauern - abgetragen. Im Zuge des bereits erwähnten zeitlich mehrphasigen Ferntransports der Gesteinsmassen der Alpen fand eine intensive tektonische Durchbewegung und Zerrüttung dieser gigantischen Gesteinskomplexe statt, wobei auch große Massen von Locker-Gesteinen (wie Sande und Kiese) entstanden. Die angulare Kornform des überwiegenden Teils der Mineralkörner, aus denen der Schleifstein besteht, deutet auf ein überwiegend kristallines Herkunftsgebiet der Gesteine hin, die tektonisch stark durchbewegt wurden und anschliessend noch einer intensiven Verwitterung oblagen. In weiterer Folge wurden diese Mineral- bzw. Gesteinsbruchstücke von verschiedenster Korngröße in Form von untermeerischen (submarinen) „lawinenartigen“ Trübeströmen (verschiedenkörniges Sediment/Wasser-Gemisch, sogenannte „Turbidite“) vom Kontinent über einen Schelfrand in tiefere Meeresbereiche geschwemmt. Die Ablagerungen setzten sich der Schwerkraft folgend nach und nach bankweise am Meeresboden ab, wobei die Sedimente nicht selten „Gradierung“ zeigen. Dabei gelangten im Regelfall die schwereren und meist gröberkörnigen Partikel zuerst zur Ablagerung, während der feine „flockige“ Tonschlick lange Zeit als Suspension das Meerwasser trübte, bevor sich dieser in Form von Ton-/Mergelbänken am Meeresboden absetzte. Wir sprechen bei einer derartigen Wechselfolge von fein- und grobkörnigen Ablagerungen von flyschoiden Sedimenten. Die schwereren bzw. größeren Mineral-/Gesteinsbruchstücke bildeten nach ihrer Verfestigung grobkörnige Sandstein- oder Brekzienbänke. Selten sind auf den Schichtflächen des feinkörnigen Sandsteins und der Mergelbänke Lebensspuren (Kriechspuren) von Meeresboden-bewohnenden Tieren (z.B. von Würmern und Schnecken) zu beobachten, während immer wieder Anreicherungen von kohligem Pflanzenhäcksel sowie Partikel von Glanzkohle (vom Festland mit dem Turbidit eingeschwemmte Hölzer, die durch hohen Druck und Temperatur zu Kohle wurden) auffällig sind. Sehr selten sind in den Dünnschliff-Präparaten Mikrofossilien, wie Foraminiferen und Seeigel- bzw. Seelilien-Bruchstücke, zu beobachten; mit freiem Auge sichtbare Versteinerungen scheinen in den Schleifstein-Bänken zu fehlen.

Dank: Herr Manfred Wallner (Gosau) stellte die Schleifsteinmuster für unsere mineralogisch-petrologischen Untersuchungen zur Verfügung. An den Untersuchungen waren weiters folgende Kollegen beteiligt: Lenka Hradecka, Lilian Svabenicka und Marcela Svobodova (alle Prag), Gyöngyi Lelkes (Budapest) sowie Franz Ottner und Helga Priewalder (beide Wien).

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