An euch Dachstein-Wolken
Segelnde Wolken, luftige Schiffe! schicket euch an, in Lichtgestalten hinüberzuwechseln, und woll- tet doch, aus Überlebensgründen, euren vergänglichen Himmelserscheinungen eine Leibesbeschaffenheit, dauerhafter als Eis und Erz, da droben gewinnen - nur wie sollte euch Wolkenleichtschwebenden eines gelingen: der Durchwandlung von Himmelsluft Festkörpergestalt abzuringen und also zu Kalkgefels zu gerinnen? o Schickung luftigsten Vergehens und Entstehens: an Vater Äthers göttlichen Odem, wo euch gezeugt und geboren, lockvögelisch ihr euch schmieget, auf daß die Adlerschwinge eures an die Bergkette geschmiedeten Schattens dem nichtwolkigen Widerpart das Herz und die Leber aus dem Felskörper scheuche und ihr, entstehenden Vergehens mit eurer Verewigung befaßt, einflösset in den unsterblichen Blick vom Gebirge! wie ihr euch wandelt, schwindelerregend Gelicht, wie euch der geringste Lufthauch auch zur Metamorphose der Gegebenheiten beschwingt! nicht der Gottheiten eine, die euren Umtrieben Einhalt geböte und den luftigen Spielen, mit dem Gebirg auf die Spitze getrieben? einzuwölken, zu verhüllen, das sei euch, alsbald Vater Äther verlorene Töchter, ans Leichtkörperherz gelegt, möget dienen, bis ihr abgetrieben werdet, der Wahrheit der Kunst, als ein Gleichnis: der Freikörperkultur, wo der nackten Wahrheit huldige, wie Tag und Nacht verschieden, trete Kunst verklärt hervor aus schonungsvoller Verhüllung; von sich selbst verhüllt, keiner Erklärung bedürftig, hole Kunst sich hervor aus der Verwandlung von flüchtigen Wolken in Ewigeres als Erz und Eis!
Julian Schutting An den Dachstein Mit einem Nachwort von Gerhard Zeillinger Farboffsetlithographien von Helmut Swoboda Edition Thurnhof Horn . 2002
Galerie Thurnhof
weitere Informationen zu Julian Schutting im Literaturhaus
|