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Die Gründerzeit: Die europäische Stilepoche des Historismus hält Einzug ins Salzkammergut und Gosauta

DI Dr. Hans Peter Jeschke

Die Zivilisation und Technik machte im 19. Jahrhundert große Fortschritte und veränderte Europa grundlegend. Führende Gesellschaftsschichten und staatliches Repräsentationsbedürfnis strebten nach anschaulicher Darstellung dieses Fortschrittes. Mitte des 19. Jahrhunderts gelang den Eisenbahnen der endgültige und entscheidende Durchbruch zum dominierenden Verkehrsmittel des Jahrhunderts, das wiederum eine Voraussetzung für die Industrialisierung, den neuen Tourismus und auch das rasche Wachstum der Städte schuf. Aber nicht nur tiefgreifende technische, soziale bzw. ökonomische Veränderungen prägten, auch ein neues geschichtliches System nahm Gestalt an. Die Kunst, welche auf die großen Umbrüche und Neuordnungen in der sogenannten Gründerzeit antwortete, war der Historismus. In der Zeit des Positivismus galt es, Geschichte zu bewahren und das durch die Romantik geweckte Geschichtsbewusstsein nahm in der Architektur Gestalt an. Ganz Europa war von einer neuen Geschichtsrezeption erfüllt, es „baute und malte seine Geschichte“ in seiner historischen Formenvielfalt. Aus dem Bemühen um die Verschönerung der Städte erwuchs die prominenteste Aufgabe für Gartenarchitektur im 19. Jahrhundert: Volksgärten und Promenaden. Erstes Vorbild für die Volksgärten waren die großen, ehemals königlichen Landauer Bürgerparks, wie der St. James Park oder der Regent’s Park. Parks für alle Bürger entstanden mehrheitlich erst in der zweiten Jahrhunderthälfte. Eine noch ältere Form des städtischen Gartens als der Volksgarten ist die sogenannte „Promenade“ als öffentlicher „Spaziergang“. Überall in Europa entstanden im Laufe des 19. Jahrhunderts Uferpromenaden, Esplanaden, Gartenplätze und Alleen etc. als Orte des öffentlichen Lebens. Deren Begrünung war eine neue, wichtige Aufgabe für die Gartenarchitekten, die ihren Arbeitsschwerpunkt von der Gestaltung der großen, herrschaftlichen Gärten auf die öffentlichen Gärten, Plätze und Straßen verlegen mussten. Alles Vorbilder für erste städtebauliche und raumplanerische Konzepte bzw. deren Realisierung sowie Gartengestaltung im öffentlichen Raum (z.B. die Esplanade in Bad Ischl (schon 1830) und Gmunden), die heute selbstverständlich zum Image des Salzkammergut gehören .So hatte diese ganz Europa erfassende Stilepoche des Historismus, die die Gestalt der Weltstädte Berlin, Paris und Wien mit ihren Prachtboulevards in einem heute noch gegenwärtigen Ausmaß nachhaltig geprägt hat, auch im Salzkammergut Einzug gehalten.

Viele Bauwerke, insbesondere auch Villenbauten und städtebaulichen Maßnahmen im Stil der "Gründerzeit" überformten in einem bedeutenden Maße die Kulturlandschaft des Salzkammergutes. Stellvertretend für viele können unter anderem genannt werden: Die Kaiservilla, das Sommerdomizil von Kaiser Franz Josef I und die Villa  Toscana jeweils mit einer Gartenanlage im Stil eines englischen Landschaftsparks. Schloß Grub am Hallstättersee in Obertraun und eben auch das in beherrschender landschaftlicher Lage errichtete Jagdschloss für Ernst Emanuel Graf Sylva- Tarouca samt großzügiger Gartenanlage in Gosau.

Erst im Vergleich mit diesem neugewonnenen Idealbild wird auch die bislang als unwirtlich und feindlich empfundene alpine Bergwelt des Inneren Salzkammergutes aus dem genannten neuen Zugang zur Natur erlebt und interpretiert. Den Vergleich des Kammergutes mit dem Schweizer „Urbild“ bezeugen die Titel früher Reisehandbücher und die damit verbundene Entdeckung als „Reiselandschaft“. Im frühen 19. Jahrhundert erschienen zahlreiche Bücher mit Reise- und Ausflugsbeschreibungen, die neben enzyklopädisch angehäuftem Material über Land und Leute auch Empfehlungen zum optimalen ästhetischen Genuss enthielten. Bestimmte Ausblicke wurden da empfohlen, geeignete Malermotive beschrieben, pittoreske Landschaftspartien als touristisch und künstlerisch besonders ergiebig dargestellt. Auch für das Salzkammergut gab es zahlreiche Malvorlagen. Sie stammen zu einem guten Teil aus dem Reisehandbuch des Botanikers und Schriftstellers Joseph August Schultes „Reisen durch Oberösterreich in den Jahren 1794, 1795, 1802, 1803, 1804 und 1808“, das eine der ersten der zahlreich nachfolgenden Anleitungen zur dilettierend-wissenschaftlichen und ästhetischen Erschließung des Salzkammergutes. Über Hallstatt schreibt er, dass die Hand des Wanderers „ergriffen werde vom unwillkürlichen Drange, zu zeichnen“, die nachwandernden Leser „werden sich für die Ewigkeit die Bilder aufbewahren wollen, die Ihre Sinne bezauberten und Ihre Seele erfüllten“. Jenes von Friedrich Satoris (1813), welcher das Salzkammergut als „Miniaturlandschaft der gesamten Alpen“ bezeichnet und mit dem Prädikat einer „österreichischen Schweiz“ versieht, oder Johann Steiners „Reisegefährte durch die Österreichische Schweiz oder das obderennsische Salzkammergut“ von 1820 folgten. Namen und kulturlandschaftliche Einheit  dieser Alpen- und Voralpenregion im Einzugsgebiet der oberen Traun verdankt dieser Lebensraum dem seit der Frühzeit bezeugten Salzbergbau, dessen Einkünfte jahrhundertelang der "Kammer", der kaiserlichen Finanzverwaltung der Habsburger zufielen.


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